„Das
weiß doch jeder”:
Die selbstverständliche Stolperfalle.
Strategie
ist die gedankliche Vorplanung eines Erfolgsweges von einem „Ist”
zu einem „Soll”, auch „Ziel” genannt.
Damit spielt sich das Ganze zunächst einmal zwischen Analytik
(zur Feststellung der „Ist”-Lage) und Zielsetzung
(zur Fixierung des vermutlich Erreichbaren und Möglichen)
ab.
Das
strategische Vorgehen steht und fällt also mit der Qualität
von Zahlen, Daten und Tortengrafiken, und hängt entscheidend
von der vergleichsweise seltenen Fähigkeit ab, in die Zukunft
sehen zu können („Wehe, es kommt etwas dazwischen”).
Um
das angestrebte Ziel zu erreichen, wird eine Ablauf- und Handlungskette
vorgeplant. Den Dreh- und Angelpunkt bildet damit die Zweckgerichtetheit:
Es wird nur das
gedacht, geplant und getan, was dem anvisierten Ziel und Zweck
dient, also zweckdienlich ist. Bestimmend sind Rationalität
und Kalkül.
Dabei
wähnt man sich gedanklich in einem Bedrohungsszenario, das
man als „Wettbewerb” bezeichnet, auf einem Schlachtfeld
namens „Markt”, umzingelt und bedroht von lauter Gegnern
und Feinden, etwa Konkurrenten, Kunden, sowie ggf. auch vom Umfeld
(Medien, Öffentlichkeit, Bürgerinitiativen, etc).
Im Angesicht der Bedrohung greift man gern auf soldatische Feldherren
wie Sun Zu, Machiavelli und Clausewitz zurück, findet „Wargaming”
(„Kriegspiel”) als gedankliches Durchspielen der geplanten
Strategie statt, und gilt es, „Stärken auszubauen”,
„Schwächen abzustellen” oder nicht zu zeigen.
Das
ist - auf extreme Kurzform zusammengepresst und nicht recyclefähig
- Strategieentwicklung im allgemeinen Verständnis. Zusätzlich
anschließend kommt dann das Marketing mit ins kriegerische
Spiel, konsequenterweise basierend auf dem Prinzip des „Zielen+Treffen”
(daher z.B. „Zielgruppen”, Menschen als zu treffende
Zielobjekte).
Wenn
das doch „alles klar” ist:
Warum scheitern 75% aller Strategien?
Im strategischen Vorgehen wimmelt es von klammheimlichen Vorannahmen,
die in kaum einem Fachbuch, kaum einem Seminar, von kaum einem
Berater und auch im Universitätsstudium allenfalls am Rande
erwähnt werden; wenn überhaupt. Und so scheint es eben
nicht besonders wichtig zu sein.
Da
ist zum einen die Erkenntnis einer simplen Übersetzung: „Strategie”
ist griechisch und auf Deutsch eine „Heeresführung”.
Und so könnte man es bereits hierbei - eventuell - für
fragwürdig halten, dass man sich für den Erfolg im Fundus
der „optimalen Kriegführung” bedient.
Zum
Zweiten ist da die Analytik, die als „Genaues-unter-die-Lupe-nehmen”
fehlverstanden wird. Mit einem etwas anderem Hintergrund jedoch
könnte man wissen, dass Analytik vielmehr ein „Zerlegen”
(„bis ins kleinste Detail”) ist, und einem so - zwangsläufig
- alles durch die Lappen geht, was viel entscheidender ist: Zusammenhänge
(„Das größere Ganze”)!
Zum
Dritten folgt aus diesem „ganz normalen” Fehlverständnis
prompt die weitere Fehlannahme, man könne sämtliche
Einflüsse in Zahlen und Daten „übersetzen”
und ließe sich somit praktisch alles berechnen und kalkulieren,
man bräuchte nur die „richtige Formel” - ...was
zur nächsten Fehlannahme führt: „Je mehr Informationen
man dafür sammelt, umso besser” . Das ist beides für
sich, sowie beides zusammen... genau falsch!
Zum
Vierten ist da die „Finalität”: die Zweckgerichtetheit,
die zwangsläufig aus der für unverzichtbar gehaltenen
Zielsetzung resultiert. Dadurch wird nur
das gedacht, geplant und getan, was man für
zweckdienlich hält (auch gern „zielführend”
genannt). Damit wird a) alles
andere vollabsichtlich als falsch, störend
und hinderlich ausgeklammert, und b) alles
und jeder auf den bloßen Zweck, auf
seine Funktion und das Funktionieren reduziert. Das kann heute
allenfalls noch dort Erfolg haben, woher es stammt: beim Militär.
Zum
Fünften führt das Ganze zwangsläufig zu einem Bürokratie-Apparat:
Wenn Unmengen an Informationen gesammelt, analysiert und ausgewertet
werden müssen, wenn das plangemäße Funktionieren
überwacht werden muss („Controlling”) und dabei
ggf. etwaige „Korrektureingriffe” organisiert werden
müssen, etc, etc - als sei Erfolg vor allem ein Verwaltungsakt.
Zum
Sechsten offenbart sich dabei der eklatante Widerspruch,
die gesamte Planung auf Objektivität, Analytik, Rationalität,
Logik und Kalkül aufzubauen, doch dann in der Umsetzung das
genaue Gegenteil zu benötigen und zu fordern: Engagement,
Motivation, Loyalität, (Kunden-)Treue, etc, etc.
Wie man nicht zuletzt auch in der Werbung die „Kernbotschaft”
pur rational formuliert und dann von Agenturen kreativ aufbereiten
lässt. Völlig paradox.
Das
alles... nur beispielsweise. Und dabei ist irrelevant, um welche
Strategie es sich handelt. Die Vorgehensweise an sich
ist völlig überholt und falsch.
Strategie:
Das Lösen von Problemen,
die man ohne Strategie gar nicht hätte.
Das
Vorgehen per Strategie ist randvoll mit Widersprüchen, Blicken
in die Kristallkugel und Lesen im Kaffeesatz von Zahlen Daten,
Statistiken und Studien. Wehe, es kommt „irgendetwas dazwischen“,
mit dem man „nicht rechnen(!) konnte“. Und genau das
passiert alle Nase lang.
Wobei
das Kernproblem der Systematik darin liegt, dass sie
- ganz einfach - hoffnungslos veraltet ist, aus Zeiten stammt,
in denen die Dampfmaschine eine innovative Hochtechnologie war.
Das letzte Update der Strategie lässt sich auf das Jahr 1882
datieren, als Frederick W. Taylor das „One-Best-Way”-Prinzip
erfand: Die Annahme, es gäbe immer nur einen einzigen
richtigen Weg zum Erfolg („Taylorismus”), was
tatsächlich bis heute geglaubt und mittels Strategie praktiziert
wird.
Das
Kernproblem in der Anwendung wiederum resultiert genau
daraus. Wie versendet man eine SMS mit einem Telefon, das noch
eine Wählscheibe hat? So ungefähr verhält es sich
mit der Vorgehensweise per Strategie.
In
einer Zeit, in der immer weniger Menschen „nur funktionieren”,
sondern in dem, was sie tun, auch einen Sinn sehen wollen... in
einer Zeit, in der immer weniger Menschen nur auf Kosten anderer
Erfolg haben wollen... wo Moral, Fairness und Verantwortung wieder
eine echte Bedeutung haben, und einen höheren Stellenwert
als Analytik, Rationalität und Kalkül, ...und wo es
eben nicht mehr nur um Gewinn und Profit geht, sondern auch darum,
wie er
zustande kommt...
...in
einer solchen Zeit ist es höchste Zeit, das strategische
Vorgehen durch ein anderes, zeitgemäßes zu
ersetzen: das mimesisPrinzip.
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